Kultur + Talent

Nieder mit den Mauern der Kreativität

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Von Beatriz Arantes, Manager WorkSpace Futures EMEA bei Steelcase

In seinem Buch mit dem Titel „The Rise of the Creative Class“ aus dem Jahre 2002 sagte Richard Florida voraus, dass Kreativität sich schon bald zu einem grundlegenden Wirtschaftsmotor entwickeln würde – dass sie darüber bestimmen würde, wie Arbeitsplätze organisiert sind, welche Unternehmen Erfolg haben und welche von der Bildfläche verschwinden, ja sogar darüber, welche Städte wachsen und welchen Stillstand droht. Und während seine Ideen damals, als Unternehmen noch allein auf Produktivität, Effizienz und Kostensenkung setzten, vielleicht noch auf taube Ohren stießen, entpuppen sich seine Prognosen heute nun als Wirklichkeit. Kreativität rückt immer mehr in den Vordergrund; fast drei Viertel (72 Prozent) der Arbeitnehmer glauben, dass ihr zukünftiger Erfolg davon abhängt, kreativ zu sein.

Warum Kreativität?

Der kreative Wandel ist auf eine Reihe miteinander in enger Wechselwirkung stehender Trends zurückzuführen, die gemeinsam die Art und Weise verändert haben, wie wir in der modernen Welt erfolgreich sind. Angesichts sich schnell und unerwartet ändernder Bedingungen sind Arbeitsplätze von heute Orte wachsender Komplexität. Da für Entscheidungsprozesse immer weniger Zeit zur Verfügung steht, sind auch alte Hierarchien in sich zusammengebrochen. Reaktions-, Entscheidungs- und Problemlösungs-Vermögen wird nun auf allen Unternehmensebenen gefordert.

Hinzu kommt der Vormarsch von Automatisierung und künstlicher Intelligenz, die eine vollkommene Umstrukturierung der Arbeitsabläufe in verschiedenen Branchen versprechen. Maschinen übernehmen mittlerweile einen Großteil der transaktionsbezogenen und prozessorientierten Arbeiten. Damit kann sich der Mensch auf unstrukturiertere Tätigkeiten konzentrieren, neue Probleme lösen und Ideen entwickeln. All das erfordert mehr Kreativität.

Niedergang des kreativen Genies

Hinzu kommt ein Wandel in der Einstellung zur Kreativität und was es bedeutet, kreativ zu sein. In dem Glauben, dass Kreativität nur einigen wenigen Auserwählten vorbehalten war, die der Geistesblitz stets alleine in ihrer Werkstatt oder ihrem Labor ereilte, wandten sich Unternehmen, die ihr Innovationsvermögen und ihre Wettbewerbsfähigkeit steigern wollten, in der Vergangenheit an ebensolche kreativen Genies. Aber diese Ansicht hat sich gewandelt und es wird nun gemeinhin akzeptiert, dass in jedem von uns kreative Fähigkeiten stecken, und sich Schaffensprozesse in einem förderlichen Umfeld ereignen.

Grenzen als Feind der Kreativität

Trotz eines Mentalitätswandels und der Notwendigkeit für mehr kreatives Denken gelingt es den meisten Unternehmen heutzutage noch immer nicht, das Umfeld und die Voraussetzungen zu schaffen, um Kreativität zu einem festen Bestandteil der Unternehmenskultur zu machen. Dies wird auch von Untersuchungen belegt, wonach zwei Fünftel (40 Prozent) der Arbeitnehmer angeben, dass Kreativität von ihrem Arbeitgeber weder gefördert noch belohnt wird und zwei Drittel (69 Prozent) sagen, dass sie ihrem kreativen Potenzial nicht gerecht werden (Untersuchung von Microsoft Surface).

„Kreativität passiert nicht einfach so. Stattdessen muss sie im Rahmen eines kreativen Umfelds, in dem auch andere kreativ sind, gefördert und unterstützt werden.“

Im Laufe der Geschichte gab es immer wieder Beispiele für unglaubliche kreative Bewegungen, wie etwa die Renaissance, bei denen Ideen sich gegenseitig stimulierten und zahlreiche Menschen inspirierten, sodass eine kreative Kultur ungeahnten Ausmaßes entstand.

Die heutige Unternehmenswelt jedoch ist viel zu sehr um ihre Rendite besorgt und darauf bedacht, Unwägbarkeiten zu vermeiden, um Mitarbeitern den Freiraum zu geben, kreativ zu sein. Kreativität braucht Zeit und gedanklichen Raum, um sich entfalten zu können, was natürlich nicht mit starren Terminplänen und Deadlines zusammenpasst. Grenzen sind der Feind der Kreativität, die auf Ideen aus unterschiedlichen Branchen und Lebensbereichen angewiesen ist. Natürlich kann sie nicht in der gleichen Weise belohnt werden wie traditionelle berufliche Zielvorgaben. Gleichzeitig kann sie nicht für eine Person isoliert betrachtet werden; Kreativität kann sich nur innerhalb der Gemeinschaft wirklich entfalten.

Verhalten am Arbeitsplatz neu organisieren

All diese Einschränkungen und Barrieren haben sich in unserer heutigen Arbeitsweise festgesetzt. Daher müssen Unternehmen den Arbeitsplatz neu erfinden, um die Gewohnheiten und Verhaltensweisen zu fördern, in denen Kreativität gedeihen kann. Shelley Carson, Professorin an der Harvard University, erklärt in ihrem Buch „Your Creative Brain“, dass bestimmte Aktivierungsmuster im Gehirn mit bestimmten Modi kreativen Denkens in Verbindung gebracht werden. Wir durchlaufen verschiedene Phasen, in denen wir Informationen aufnehmen, neue Punkte miteinander verbinden, uns neue Möglichkeiten vorstellen und diese Ideen umsetzen, um sie schließlich zu hinterfragen und zu verbessern. Die Aktivitäten und Werkzeuge, die wir brauchen, um vollends in diese verschiedenen Modi einzutauchen, variieren, und so spielt das physische und kulturelle Umfeld des Arbeitsplatzes eine Rolle, um die verschiedenen Phasen dieses Denkprozesses zu unterstützen.

Arbeitsplatzgestaltung für mehr Kreativität

Eine Möglichkeit, eine Kultur der Kreativität zu erschaffen, besteht in der physischen Gestaltung des Arbeitsplatzes und wie damit kreative Arbeitsweisen und Verhaltensmuster stimuliert werden können. Wir von Steelcase haben für diesen Zweck drei grundlegende Prinzipien für die Gestaltung von Arbeitsbereichen ermittelt:

  • In einer angenehmen und entspannten Atmosphäre werden mentale Filter und Belastungen reduziert, die unkonventionelle Ideen unterdrücken. Durchdachte Gestaltungselemente und Sitzmöbel für eine bequeme und abwechslungsreiche Sitzhaltung fördern die emotionale Bindung zu und unter den Mitarbeitern.
  • Mit Arbeitsumgebungen lässt sich zudem das kreative Selbstbewusstsein fördern, wenn sie die richtigen Werkzeuge und Technologien bieten, um einerseits eine gleichberechtigte Teilhabe und andererseits bei Bedarf Privatsphäre zu ermöglichen. Beschreibbare oder pinnbare Flächen machen Denkprozesse sichtbar und ermöglichen es, ein gemeinsames Verständnis zu entwickeln und auf den Ideen der anderen aufzubauen.
  • Beim Thema Kreativität sind Einheitslösungen fehl am Platz. Mitarbeiter sollten durch die verschiedenen Phasen kreativer Denkprozesse begleitet werden und zwar mithilfe eines fließenden Ökosystems verschiedener Bereiche – von Bereichen zur individuellen Befassung mit einem Thema über soziale Gemeinschaftsbereiche bis hin zu Orten für Co-Creation und Analyse. Das gibt Mitarbeitern die Freiheit selbst zu entscheiden, wo und wie sich ihre Kreativität am besten Bahn bricht.

Mut zur Kreativität

In einer Welt, in der Veränderung und Ungewissheit zur Norm geworden sind, und Technologie in so viele Bereiche der Arbeitswelt vordringt, müssen Mitarbeiter in die Lage versetzt werden, das zu nutzen, was sie zu Menschen macht.

Kreativität steckt in jedem von uns, nur müssen Unternehmen ihren Mitarbeitern den Freiraum bieten, dieses Potenzial auch voll zu entfalten.

Dies führt nicht nur zu noch mehr Innovation und Geschäftswachstum, sondern auch zu einer erfüllteren und motivierteren Belegschaft, die sich bereitwillig und zuversichtlich der Zukunft stellt.

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