Bildungs- und Lernwelten der Zukunft

„Lehrende, die über Wissen verfügen, und ein Raum voller Zuhörer ergeben nicht automatisch Lernende, die etwas wissen.“ – Diese und weitere zentrale Thesen wurden beim Zukunftscampus in Berlin diskutiert.

 

Rosenheim, 02.12.2015 – Lernräume und Universitäten sind mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert: Der digitale Wandel verändert mit Onlinekursen, sozialen Medien und eLearning Tools die Art zu lernen und oft steht der Vorwurf im Raum, dass mit der Bologna-Reform nur noch auswendig, statt problembasiert gelernt wird. Lösungen für diese Schwierigkeiten und Trends für die Bildung der Zukunft thematisierten Entscheider, Experten, Lehrende und Lernende aus Industrie und Bildung am 18. und 19. November beim Zukunftscampus in Berlin unter dem Motto ‚Wandelbarer Campus der Zukunft – Lernen.Arbeiten.Morgen – Frei-Raum‘. „Nach dem erfolgreichen Kongress im letzten Jahr konnten wir nun schon zum zweiten Mal Zukunftsgestalter in kreativen Workshops und Vorträgen zusammenbringen und einen Blick in die zukünftige Ausgestaltung von Bildungs- und Lernwelten werfen“, freut sich Joachim Müller Wedekind, Director Vertical Markets bei Steelcase und verantwortlich für den Zukunftscampus.

Wie gestaltet sich ‚Lernen‘ zukünftig?
Lernen ist anstrengend. Ginge es nach Dr. Paul Kim von der Graduate School of Education der Stanford University sollte es aber vor allem Spaß machen: „Unser Gehirn wird immer den einfachen Weg suchen – es ist auf Automatisierung und Effizienz ausgelegt“. Welcher Weg der einfachste ist, ist für jede Person unterschiedlich: „Lernen und damit Lernprozesse werden individueller und individualisierbar(er)“, meint Prof. Dr. Alois Knoll von der Technischen Universität München. Diese Erkenntnis resultiert wiederum in höheren Anforderungen an Lehrende und die Lernenden selbst. Um diesen gerecht zu werden, sind die ersten Schritte zu Lern- und beruflichem Erfolg Eigenverantwortung und die Erkennung der eigenen Stärken und Schwächen. Dazu wünscht Philip Hermann, Executive Director bei Ernst & Young, den Lernenden der Zukunft „freies Denken und Selbstbewusstsein“.

Wie können Lehrende die Lernenden unterstützen?
Die Problem- und Fragestellungen, die im Unterricht und in Weiterbildungen diskutiert werden, müssen relevant und praxisnah sein – sonst verlieren Lernende das Interesse daran. Dinge zu hinterfragen, fesselt nicht nur die Aufmerksamkeit, sondern bedeutet auch Fortschritt, so Dr. Kim. Dazu müssen Wände zwischen Lernenden, Lehrenden und Disziplinen eingerissen werden. Ähnlich sieht das auch Prof. Dr. Claus Nygaard von cph:learning in Kopenhagen: „Studenten sollen sich als Partner oder sogar Angestellte von Universitäten fühlen“. Um Lernende besser zu unterstützen, müssen Lehrende motiviert und mutig genug sein, auch Risiken einzugehen. Darüber hinaus haben nicht nur Universitäten und Hochschulen, sondern auch „Unternehmen die absolute Notwendigkeit permanenter Weiterbildung erkannt“, ergänzt Knoll.

Welchen Einfluss hat der digitale Wandel?
„Vernetzung, Simulation und Virtualisierung ermöglichen ganz neue Lernerlebnisse“, meint Knoll im Hinblick auf den Strukturwandel, den die Digitalisierung und die zunehmende Automatisierung mit sich bringen. Richtig genutzt kann insbesondere der digitale Wandel einen wichtigen Beitrag zum individuellen Lernen leisten. Dafür müssen die neuen Lösungen aktiv in Unternehmen und Hochschulen eingebunden werden. Dies bestätigt auch Hermann: „Ein Social Enterprise braucht digitale Tools, Prozesse, Werkzeuge und einen Arbeitsplatz der Zukunft“. Eine große Rolle im Lernprozess der Zukunft spielen auch sogenannte MOOC´s (Massive Open Online Course): „Lehrer sind heute nicht mehr die einzige Wissensquelle“, erklärt Dr. Kim und ergänzt, dass gerade diejenigen, die MOOC’s am ehesten benötigen, meistens noch keinen Zugriff auf sie haben.

Wie sehen lernfördernde Umgebungen und Räume aus?
Eine Studie von Steelcase Education bestätigt, dass Umgebungen, die bewusst auf das Prinzip des ‚aktiven Lernens‘ ausgerichtet sind, von entscheidender Bedeutung für erfolgreiches Lernen sind. Damit ist eine aktive Beteiligung der Lernenden bei der gemeinsamen Nutzung von Inhalten und dem Erarbeiten von neuen Erkenntnissen gemeint – sowohl geistig, als auch körperlich. Denn können sich Lernende kreativ entfalten und dabei frei bewegen, sind sie interaktiver und engagierter. Nicht nur fokussiertes Lernen, sondern auch Erholung ist laut Sean Corcorran, General Manager Steelcase Education, entscheidend: „Lernende müssen sich auch mal erholen können – welche Universitäten oder Unternehmen bieten heute schon Sofas?“ Dr.-Ing. Alexander Rieck vom Architekturbüro Lava Laboratory for Visionary Architecture erwähnt, dass auch die Bedeutung des Lichts nicht vernachlässigt werden darf: „Licht ist einer der wichtigsten Elemente unseres Lebens – es muss passen, dann kann es auch unsere Kreativität fördern.“

Teils stellen diese Antworten zukunftsorientierte Denkanstöße, konkrete Lösungen oder grundlegende Handlungsweisen dar. Über die Formel für erfolgreiches Lernen am Campus der Zukunft sind sich Nygaard und Corcorran einig: Aktive Lernkultur + lernfördernde Raumgestaltung = erfolgreiches Lernen.