Lernen

Die Zukunft der Hochschulbildung

3 Ansätze die für die Lehre von morgen

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Der folgende Artikel wurde von Robert Talbert, Professor an der Grand Valley State University (GVSU), verfasst.

Der Mathematikprofessor verbringt derzeit ein einjähriges Sabbatical als Gastwissenschaftler bei Steelcase.

Bereits vor 1.000 Jahren wurde die erste Universität gegründet. Seither hat sich die Hochschulbildung kaum verändert. Doch der technologische Wandel und die Globalisierung haben eine neue Generation von Lernenden hervorgebracht und die Welt verändert, in der diese studieren. Wie geht das Hochschulwesen damit um und wie sieht die Zukunft der Hochschulbildung aus?

Diese Fragen standen im Mittelpunkt des Vortragformats „Eine umgekehrte Zukunft? Gespräche zum Thema Lehre“ auf der jüngsten Konferenz der EDUCAUSE Learning Initiative (ELI) in New Orleans. Gemeinsam mit M. J. Bishop, Direktorin des Kirwan Center for Academic Innovation des University System of Maryland, und Kyle Bowen, Direktor für Bildungstechnologie an der Penn State University, sprach ich über die Zukunft der Hochschulbildung.

Flipped Learning

Mein Vortrag behandelte in erster Linie das Konzept des Flipped Learning (auf Deutsch in etwa „umgekehrtes Lernen“): eine pädagogische Methode, bei der es kaum Vorlesungen gibt. Die Studierenden eignen sich neue Inhalte durch Selbstunterricht an. Die gewonnene Zeit kann dann für handlungsorientierten Unterricht genutzt werden. Durch das Flipped Learning entdecken die Studierenden, wie man selbstständig lernt, und sie sammeln Erfahrung für die Lösung kniffliger Probleme durch Teamwork.

Die Idee des Flipped Learning kam zu Beginn der 2000er Jahre auf und hat seit Anfang dieses Jahrzehnts stark an Bekanntheit gewonnen. Bei meinem Vortrag habe ich vier „große Herausforderungen“ aufgestellt, die es zu bewältigen gilt, wenn sich der Aufwärtstrend des Flipped Learning in den kommenden Jahren fortsetzen soll:

  1. Ausarbeitung einer einheitlichen Definition des Flipped Learning
  2. Schaffung eines Gremiums, das durch empirische Forschung Ergebnisse über die Wirksamkeit des Flipped Learning liefert
  3. Übersicht der Themen bei denen das Flipped Learning angewendet werden kann
  4. Aufbau eines Netzwerks lokaler Communities of Practice

DIE KOMPETENZEN DES 21. JAHRHUNDERTS

Teamfähigkeit, Kreativität sowie kritisches Denken und lösungsorientiertes Handeln sind für M. J. Bishop die „Kompetenzen des 21. Jahrhunderts. Sie plädiert für eine Integration solcher Fächer in den Lehrplan mit Zertifizierung. Studierende könnten sich diese Kompetenzen neben den für ihre Studiengänge erforderlichen Inhalten aneignen. Diese Kompetenzen können während des Unterrichts erworben werden oder extern erlernt werden.

Durch den Nachweis erhält der Lernende ein digitales Diplom, das er in seinem LinkedIn-Profil anzeigen lassen kann. Potenzielle Arbeitgeber sind dann informiert.

VIRTUELLE REALITÄT UND ERWEITERTE REALITÄT

Noch bis vor Kurzem, so Kyle Bowen, hätten es die meisten Menschen als absurd empfunden, sich einen Computer vor das Gesicht zu schnallen. Doch mittlerweile kann man dank einer relativ einfachen und kostengünstigen Technologie vollständig in künstliche Welten eintauchen. Die Anwendungsmöglichkeiten für die Hochschulbildung sind vielfältig. Bowen führte als Beispiel an, dass Agrarstudierende in den nördlichen US-Bundesstaaten wie Pennsylvania aufgrund des Wetters nur einige Monate im Jahr Nutzpflanzen untersuchen können. Doch durch VR/AR können Simulationen von Nutzpflanzen das ganze Jahr über untersucht werden. Laut Bowen stehen wir noch ganz am Anfang, was eine ernsthafte Erforschung der Auswirkungen von VR/AR auf die Hochschulbildung betrifft.

Alle drei Vorträge und die anschließende Diskussionsrunde hatten folgende Punkte gemein:

  • Die Zukunft der Hochschulbildung wird sich stärker um die individuelle Bildung kümmern. Während es bei der traditionellen Hochschulbildung um die massenhafte Übertragung von Informationen durch Vorlesungen geht, könnte die künftige Hochschulbildung eine differenzierte Lehre mittels Flipped Learning, individuell zugeschnittener digitaler Diplome und VR-/AR-Technologien bieten.
  • In der Zukunft wird es weniger auf das Vermitteln von Inhalten ankommen als auf die Entwicklung von Kompetenzen und das Sammeln von Erfahrungen. Bisher galten die Lehrenden als Torwächter des Wissens. Zukünftig wird die Technologie freien, rund um die Uhr verfügbaren Zugang zu Informationen bereitstellen.
  • Der Fokus wird sich auf technologieunterstützte Metakompetenzen wie lösungsorientiertes Handeln und Teamfähigkeit verlagern.
  • Die Rolle der Unterrichtsräume wird sich entsprechend ändern. Sie werden Teamwork und personalisiertes Lernen fördern und besonders flexibel gestaltet werden.

Trotz dieser Veränderungen werden Forschung und kreative Arbeit weiterhin im Zentrum der Hochschulen stehen. Pädagogik, Technologie und Unterrichtsräume müssen die Nutzer auch in Zukunft effizient unterstützen.


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