Kultur + Talent

Die neuen Führungskräfte

Wie Erkenntnisse aus der Biologie die Agilität fördern

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Moderne Wirtschaftsführer sind nicht selten der Ansicht, dass Biologiekurse ihren Unternehmen mehr bringen als gewöhnliche Lehrgänge zu Wirtschaftsthemen. Das hat damit zu tun, dass erfolgreiche Unternehmen heute eher wie komplexe adaptive Systeme in der Natur funktionieren und nicht wie die hierarchisch gegliederten Konzerne, die frühere Generationen von Managern mit fast militärischen Kommandound Kontrollstrukturen leiteten.

Systeme in der Natur bestehen aus wechselseitig eng miteinander verknüpften Teilen, die sich angesichts stetig wandelnder Verhältnisse schnell verändern und anpassen müssen, um fortzubestehen. Sie kommen mit unberechenbaren Ereignissen zurecht, weil sie Reaktionen aus ihrer Umgebung erhalten und sich dann den neuen Rahmenbedingungen anpassen. Führungskräfte im drastisch veränderten Geschäftsklima von heute beschäftigen sich mit der Natur, wenn sie neue Wege im Umgang mit Komplexität suchen und anpassungsfähigere, resilientere und engagiertere Unternehmen schaffen wollen.

Die Risiken und Chancen dieses Wandels sind erfahrenen Managern, die jede Wachstumsmöglichkeit ergreifen und Stolperfallen ausweichen müssen, wohlbekannt. Doch es gibt einen großen Unterschied zwischen dem bloßen Wahrnehmen der komplexen, sich permanent verändernden Geschäftswelt und dem aktiven Handeln und Ausschöpfen der daraus entstehenden Potenziale – insbesondere dann, wenn sich der Boden unter ihnen ständig zu verschieben scheint.

Viele Führungskräfte, die ihren Unternehmen neue Wege zu mehr Agilität aufzuzeigen versuchen, haben die neue Biologie der Geschäftswelt noch nicht verstanden oder angenommen. Viele haben aber auch noch nicht begriffen, dass physische Arbeitsumgebungen zu den Bestandteilen dieses komplexen adaptiven Systems zählen, und dass sie dazu beitragen, neue, agilere Verhaltensweisen auszuformen – oder eben das Gegenteil bewirken und notwendige Anpassungen verlangsamen und die Resilienz der Unternehmen dadurch beeinträchtigen.

Seit mehr als 20 Jahren erforscht Steelcase die Veränderungen der Arbeitswelt und untersucht dabei – z.B. anhand der eigenen, gleichsam als Forschungslabor eingesetzten Geschäftsleitungsbereiche (siehe S. 28) – auch jene Disruptionen, von denen die Führungskräfte heute betroffen sind. Konzipiert als Prototypen, an denen Theorien getestet und die Grenzen heutiger Arbeitsweisen verschoben werden, zeugen diese Bereiche von radikal neu gedachten Arbeits- und Führungsmodellen – sowohl für jeden einzelnen als auch für Führungsteams.

Neueste Forschungen zeigen, wie Räume Managern helfen können, ihre Unternehmen wie ein komplexes adaptives System zu leiten, aber auch wie sie die Kultur und die Unternehmensperformance verändern können.

Die neue Geschäftslandschaft

Die neueste IBM-C-Suite-Studie bezeichnet das zunehmend komplexe Geschäftsumfeld von heute als „Zeitalter der Disruption“, in dem es schwierig ist, vorherzusehen, was als Nächstes kommt – oder woher es kommt. CEOs aus aller Welt weisen auf die Gefahr durch die „digitalen Riesen“ hin, die ihre technologische Stärke in den Zukunftsindustrien ausspielen und namhafte Mitbewerber ebenso verdrängen wie wendige Hinterhof-Start-ups, die aus dem Nichts zu kommen scheinen, aber dennoch den gesamten Markt umkrempeln.

Wirtschaftsführer müssen heute – weit mehr als ihre Vorgänger – mit einem weltweit verflochtenen Ökosystem zurechtkommen. Die globale Reichweite hat zwar viele Möglichkeiten eröffnet, zugleich konfrontiert sie Unternehmen aber auch mit einem komplizierten Geflecht aus Gesetzen, Sprachen, Zöllen, Regulierungen und Kulturen, um nur einige zu nennen.

Die neue Geschäftslandschaft verlangt von Unternehmen, neue Ideen und Möglichkeiten schnell umzusetzen. Um dies zu erreichen, brauchen sie aber Mitarbeiter, die als resiliente, agile „Vermittler“ in einem komplexen adaptiven System auftreten und dabei interagieren, lernen, sich anpassen und auf Veränderungen reagieren. Genau da gibt es ein Problem: Belegschaften, deren größter Teil, 37 Prozent, nicht motiviert ist und am Arbeitsplatz nur das Nötigste tut. Dieses Bild zeichnet die zweijährige Studie „Mitarbeiterengagement und Arbeitsplätze in aller Welt“, die Steelcase zusammen mit dem internationalen Forschungsinstitut Ipsos durchgeführt hat (mehr über die wesentlichen Erkenntnisse erfahren Sie unter www.steelcase.com/eu-de/erkenntnisse/360-magazin/steelcase-global-report/).

Globaler Durchschnitt

34% der Beschäftigten sind motiviert.
37% der Beschäftigten sind unmotiviert.
29% der Beschäftigten sind neutral, also weder motiviert noch unmotiviert.

Es gibt aber auch gute Nachrichten: 34 Prozent der Mitarbeiter sind motiviert, stehen neuen Arbeitsweisen aufgeschlossen gegenüber und suchen nach einer sinnstiftenden Arbeit sowie Arbeitsplätzen, die tragfähige Beziehungen ermöglichen. Hinzu kommen 29 Prozent der Mitarbeiter, die weder motiviert noch unmotiviert sind, die aber von Führungskräften durchaus erreicht werden können, wenn sie geeignete proaktive Maßnahmen treffen, die das berücksichtigen, was sie zum Arbeiten wirklich wollen und brauchen.

Führungskräfte von heute müssen sich durch ein komplexes globalisiertes Umfeld bewegen, das Unternehmen mit einem komplizierten Geflecht aus Gesetzen, Sprachen, Zöllen, Regulierungen und Kulturen konfrontiert.

Führungskräfte müssen – über Unternehmens- und Ländergrenzen hinweg – sehr viele, interne und externe Beziehungen organisieren. Dies erfordert nicht nur das permanente Jonglieren von Terminen, sondern erhöht auch das Maß an Mobilität, das heute erforderlich ist, um ein Unternehmen zu führen.


Ein Balanceakt

Das Mitarbeiterengagement und ein schwieriges Wirtschaftsklima sind aber nicht die einzigen Herausforderungen, denen Führungskräfte heute begegnen. Es gibt noch unzählige andere Hindernisse, die es zu überwinden gilt, um die Performance der Mitarbeiter und des Unternehmens, aber auch die eigene Leistung zu verbessern. Patricia Kammer, Senior Design Researcher, die eine globale Untersuchung zum Thema Unternehmensführung leitete, sieht den Unterschied zwischen Führungskräften und allen anderen in „zwei grundlegenden Merkmalen: in der Reichweite ihres Einflusses (ihr Handeln kann sich auf das ganze Unternehmen, ja sogar den gesamten Industriezweig auswirken) und in der Notwendigkeit, sich jeden Tag sehr intensiv mit den unterschiedlichsten Themenbereichen auseinanderzusetzen. Diese beiden Aspekte üben einen enormen Druck auf die Führungskräfte aus, tatsächlich jeden Augenblick zu nutzen.“

Kammer und ein Team von Steelcase Forschern und Designern haben zwei Jahre lang Führungskräfte interviewt und deren Arbeitsverhalten beobachtet, um zu verstehen, welchen Herausforderungen sie gegenüberstehen und wie sie anders arbeiten müssen. Dabei sahen sie, dass sie, genauso wie alle anderen, unter einer „Informationsüberflutung“ leiden – nur eben stärker. Und so müssen sie in der Lage sein, sehr schnell überflüssige Daten auszusortieren, um an die wirklich wichtigen Inhalte zu gelangen. Führungskräfte können nicht darauf vertrauen, dass Informationen von ganz allein ihren Weg zu ihnen finden, zugleich wissen sie aber auch, dass sie nicht in die Falle tappen dürfen, alles selbst wissen zu wollen. Stattdessen müssen sie sich auf ihre internen und externen Expertennetzwerke verlassen können. Der Umgang mit oft sensiblen oder vertraulichen Informationen erfordert einen schwierigen Balanceakt. Schließlich müssen Führungskräfte ja immer auch noch erreichbar und präsent sein.

Die Steelcase Forscher stellten auch fest, dass das hohe Arbeitspensum der Führungskräfte rasche Wechsel zwischen den unterschiedlichsten Themen nach sich zieht, sodass vor jeder neuen, den Terminkalender verstopfenden Besprechung eine Art mentaler Neustart nötig ist. Das Arbeitstempo hat sich zwar für alle erhöht – für weltweit tätige, permanent beanspruchte Manager wurden die Terminkalender aufgrund der verschiedenen Zeitzonen jedoch noch zersplitterter und noch dichter.

„Zeit ist das größte Kapital“, notierte einer der von Steelcase Forschern interviewten Manager. „Wer sie nicht kontrollieren kann, gerät unter ihre Kontrolle.“ Führungskräfte müssen – über Unternehmens- und Ländergrenzen hinweg – sehr viele, interne und externe Beziehungen organisieren. Dies erfordert nicht nur das permanente Jonglieren von Terminen, sondern auch mehr Mobilität. Für mehr Menschen stets bereit und verfügbar zu sein, erhöht den Druck zusätzlich. „Es ist nicht möglich, alle zu treffen, die mich sehen wollen. Ich will erreichbar sein, doch hierfür hat der Tag einfach nicht genügend Stunden“, erläuterte ein Manager. „Man kann auch per E-Mail in Beschlag genommen werden“, sagte ein anderer.

Die Mobilität, das Springen zwischen Zeitzonen und das Jonglieren von Terminen – all das hat seinen Preis. Auch wenn die extrem mobilen Führungskräfte von heute oft sagen, dass sie überall arbeiten könnten – es tatsächlich zu tun, untergräbt nicht selten den Grund dafür. Anstatt Energie, Erkenntnisse und Inspirationen von anderen zu gewinnen, riskieren sie durch den Versuch, heldenhaft länger und härter zu arbeiten, eine völlige kognitive Überbelastung. Als erstes werden oft jene Aktivitäten geopfert, die Manager benötigen, um zu regenerieren oder um die körperliche und mentale Ausdauer zu erlangen, die ihnen im Job abverlangt wird. „Im Wesentlichen geht es um den richtigen Umgang mit der körperlichen, emotionalen, mentalen und geistigen Energie, um alles, was mit Motivation, Sinn- und Zweckhaftigkeit zu tun hat“, sagte ein Untersuchungsteilnehmer. Ein anderes häufiges Opfer ist die Verbindung zu den Menschen – nicht nur zu Mitarbeitern, sondern auch zu Kollegen auf der Führungsebene. Ohne diesen Austausch können sie aber keine umfassenden Perspektiven und breite Unternehmensintelligenz entwickeln. Und anstatt als ein Führungsteam aufzutreten, laufen sie Gefahr, unbeabsichtigt aneinander vorbeizuarbeiten.


Das Einzelbüro als Barriere

Während sich um sie herum entweder ganz bewusst oder eher situationsbedingt alles zu verändern scheint, gibt es doch auch eine Konstante: das Büro. Der weitaus größte Teil der Führungskräfte, 58 Prozent, arbeitet nach Angaben des Steelcase Global Reports „Mitarbeiterengagement und Arbeitsplätze in aller Welt“ nach wie vor in traditionellen Einzelbüros, während der Prozentsatz bei den Mitarbeitern nur 23 Prozent beträgt. Dieser Unterschied dürfte die wenigsten von uns überraschen, dennoch wirft er die Frage auf, ob die Manager darüber nachgedacht haben, ob nicht auch ihr Arbeitsplatz ein Katalysator für jene Veränderungen sein könnte, die sie an anderer Stelle umzusetzen versuchen.

Steelcase sprach mit Wirtschaftsführern aus aller Welt, um zu erfahren, welche Veränderungen sie am Arbeitsplatz wahrnehmen, und stellte dabei folgende Frage:

Viele Führungskräfte sind der Meinung, dass Einzelbüros für ihre Arbeit unerlässlich sind. Dies begründen einige mit der Notwendigkeit, vertrauliche Informationen zu schützen, andere nennen als Grund ihre Erreichbarkeit. „Mein Büro ist der Ort, den die Menschen aufsuchen, um mit mir zusammenzuarbeiten“, erklärt ein CFO. „Meine Tür steht immer offen, also wissen alle immer, wo ich bin, und auch ich kann leicht meine Kollegen finden, mit denen ich etwas zu besprechen habe.“

In manchen Kulturen kann das klassische Chefbüro dennoch sämtliche Anstrengungen der Manager zur Umgestaltung ihres Unternehmens sabotieren. Die Räume demonstrieren mehr oder weniger subtil Hierarchien und Machtstrukturen, sie behindern den freien Ideenaustausch und geben indirekt zu verstehen, dass Mitarbeiter das Entscheiden lieber den Managern überlassen sollten. Führungskräften, die gern den Puls ihres Unternehmens spüren, können sie aber auch als ungewolltes Hindernis erscheinen, weil sie einen ebenso komfortablen wie isolierenden Kokon ausbilden.

Abgetrennte Bereiche mit Chefbüros und vorgeschalteten Assistentinnen sowie eigene Speisesäle sorgen einerseits für enge Kontakte unter Führungskräften. Andererseits separieren sie sie aber auch von dem, was im Unternehmen wirklich vorgeht. Mitarbeiter machen sich in solchen Bereichen Sorgen, ihre vielbeschäftigten Vorgesetzten zu stören, und fühlen sich oft auch unwohl, wenn nicht sogar unerwünscht.

Wo Führungskräfte arbeiten

58% der Führungskräfte arbeiten in Einzelbüros
23% der Mitarbeiter arbeiten in Einzelbüros
Nach Angaben des Steelcase Global Report arbeitet eine große Mehrheit von 58% der Führungskräfte in Einzelbüros, während der entsprechende Anteil bei den Mitarbeitern lediglich 23% beträgt.

Chefetagen sind noch immer die Norm, und so arbeiten Führungskräfte immer häufiger und länger außerhalb ihres Büros. Sie wissen, dass sie es sich nicht leisten können, isoliert von ihren Mitarbeitern zu sein, die den Puls des Unternehmens spüren, und befinden sich daher stets auf der Suche nach Wegen, näher an das eigentliche Geschehen heranzurücken.
Ein Manager berichtete davon, dass er alle opaken Glasscheiben seines Büros durch transparente Gläser ersetzte. „Ich möchte, dass meine Mitarbeiter sehen, dass ich mit vielen verschiedenen Leuten zusammenarbeite, und ich will unsere Arbeit sichtbar machen.“ Ein anderer, an der Studie teilnehmender CEO tauschte sein 28 Quadratmeter großes Chefbüro ganz bewusst gegen einen kleineren Raum in einem der Geschosse darunter. „Nach unten zu ziehen, sollte auch ein Zeichen setzen und zeigen, dass ich mit den Hierarchien brechen will. Zu viele Entscheidungsprozesse finden in der Chefetage statt – das ist nicht gerade der beste Weg, ein Unternehmen zu leiten. Ich kann nicht über all das Wissen verfügen, das andere Mitarbeiter haben, um Entscheidungen zu treffen.“ „Früher galten Chefbüros als Auszeichnung für hohe Leistungen, als Statussymbol und als Ausdruck der Position in der Unternehmenshierarchie“, sagt Kammer. „Für heute und in Zukunft ist klar, dass Arbeitsräume leistungsfähiger werden müssen, um die Arbeitsweisen der Führungskräfte zu unterstützen und um ihnen zu helfen, Spitzenleistungen zu erbringen.“


Arbeitsumgebungen kultivieren

In diesem, sich ständig wandelnden Geschäftsumfeld versuchen Top-Manager neue Wege zu finden, Unternehmen besser zu führen und zugleich widerstandsfähiger zu machen. Sich die Geschäftswelt als komplexes adaptives System vorzustellen, ist einer der Wege, wie Unternehmen resilienter werden und selbst unter unberechenbaren Umständen erfolgreich sein können. Und er bietet Erkenntnisse darüber, wie es gelingt, die wichtigsten Ressourcen, wie etwa die Mitarbeiter, grundlegend anders einzusetzen.

Eine der radikalsten Veränderungen besteht darin, zu erkennen, dass adaptive Systeme eher von personell verteilten Entscheidungen als von zentraler Kontrolle geprägt sind. Menschen sind hier nicht Teil eines rigiden Systems, in dem auf Anweisungen von oben gewartet wird. Sie müssen vielmehr schnell und kontinuierlich das erhaltene Feedback einbeziehen, um auch unter dramatisch veränderten Bedingungen erfolgreich zu sein. Anders als starre Systeme, basieren adaptive Systeme auf der permanenten Rückkopplung zu ihrem Umfeld – dies unterstützt sie dabei, angemessen zu reagieren und sich zu verändern.

Selbst beim Militär, das über Jahrhunderte auf der Grundlage von Befehl und Kontrolle funktionierte, wird überlegt, adaptivere Systeme einzuführen. Führungskräfte müssen dazu übergehen „Dinge zu ermöglichen statt anzuordnen“, rät General Stanley McCrystal, Autor des Buchs „Team of Teams“, in dem er von seinen Erfahrungen im Kampf mit der äußerst agilen Terror-Organisation Al-Qaida in Afghanistan berichtet. „Führungskräfte agieren als Wegbereiter einer ‚Augen-auf-Hände-weg- Strategie‘. Sie schaffen und erhalten lediglich die Rahmenbedingungen, in denen die Menschen dann tätig sind.“

„Führungskräfte müssen Innovationschancen erkennen und dann das entsprechende Umfeld schaffen, in dem sie auch gedeihen können“, sagt Julie Barnhart-Hoffman, Senior Design Researcher. „Früher bestand der Zweck der Führungskräfte darin, Macht und Ressourcen so zu verteilen, dass Optimierungen vorangetrieben werden konnten“, ergänzt früherer CEO und Steelcase President Jim Keane. „Angesichts eines immer komplexeren Umfelds sollten wir nicht mehr über die Umstrukturierung von Unternehmen nachdenken, sondern darüber, wie sie sich wieder und wieder neu erfinden lassen. Und viel wichtiger noch: Anstatt weiterhin den Sinn aus den Jobs der Menschen herauszunehmen, sollten wir uns intensiv damit beschäftigen, wie unsere Teams immer wieder frische Energie tanken und motiviert bleiben können.“

„Angesichts eines immer komplexeren Umfelds sollten wir nicht mehr über die Umstrukturierung von Unternehmen nachdenken, sondern darüber, wie sie sich wieder und wieder neu erfinden lassen.“

Jim Keanefrüherer CEO, Steelcase Inc.

Raum als Körpersprache Geschäftsleitungsbereiche gestalten

Um neue Konzepte besser verstehen und testen zu können, haben Steelcase Forscher und Designer zusammen mit dem Steelcase Führungsteam letztes Jahr begonnen, den nächsten Schritt in der Evolution der Geschäftsleitungsbereiche zu durchdenken und diese Pläne in einem neuen Bereich umzusetzen. Auf diese Weise werden neue Konzepte dort seit mehr als 20 Jahren ausprobiert; der radikalste Schritt fand 1995 statt, als die Chefbüros aus der obersten Etage in einen Open Space in ein besser zugängliches unteres Geschoss umzogen. Zwei Iterationsschritte später wollte das Team neue Wege gehen. „In unserem Bereich war gerade alles perfekt“, sagte Keane, „also war es an der Zeit, etwas anderes auszuprobieren.“

„Räume sind die Körpersprache eines Unternehmens“, sagt Barnhart-Hoffman. „Sie dienen der Kommunikation, sind aber auch ein Weg, um gewünschte Reaktionen hervorzurufen.“ Nicht alle Führungskräfte haben darüber nachgedacht, was ihre Räume eigentlich vermitteln – dem Unternehmen, potenziellen Mitarbeitern, Geschäftspartnern, Investoren und anderen Stakeholdern. Klar ist jedoch, dass es in manchen Firmen eine Diskrepanz gibt zwischen der Beschreibung ihrer Kultur mit Worten und der Botschaft, die ihre Räume aussenden. „Wie wir unsere Räume organisieren, sagt viel darüber aus, wie wir glauben, dass sich die Leute darin verhalten. Doch deren Verhalten ist oft auch eine Folge der Raumgestaltung“, schreibt McChrystal. Sein Team benötigte Räume, die „vernetzte Gedankenflüsse“ und Interaktionen fördern anstatt abzugrenzen.

“We were charged with creating a new leadership space that would be an iconic symbol of the cultural change happening in our leadership team and in our entire organization,” explains Barnhart-Hoffman. “It needed to be a space that celebrates openness and interconnectedness.”

Wesentliche Prinzipien

Individualität fördern Es gibt eine Verknüpfung zwischen der körperlichen und mentalen Gesundheit und der kognitiven Leistung. Angesichts des hohen Leistungsdrucks sind Führungskräfte einem erheblichen Stress ausgesetzt. Arbeitsumgebungen können nicht nur helfen, diesen Stress zu bewältigen, sie fördern auch das Wohlbefinden und kognitive Prozesse.
Raum als Synapse Die Herausforderungen, denen Führungskräfte in Bezug auf die Pflege von Beziehungen und Informationsverbindungen gegenüberstehen, sind sogar noch größer. Arbeitsbereiche für Führungskräfte lassen sich aber so konzipieren, dass sie die Verknüpfung zwischen Menschen und Informationen vereinfachen und auch mobilen Kollegen eine virtuelle Präsenz bieten, die sich kaum noch von dem unterscheidet, was die Menschen vor Ort erleben.
Übergänge ermöglichen Führungskräfte müssen den ganzen Tag über zwischen den unterschiedlichsten Informationen und Zusammenhängen hin und her wechseln. Zeit ist dabei eine entscheidende Ressource. Räume sollten dazu beitragen, dass sie leichter in den Kontext eintauchen und schneller im „Flow“ arbeiten können.

Die Rolle der Geschäftsleitungsbereiche verändern

Der Prototyp des Steelcase Geschäftsleitungsbereichs basiert auf einem Lösungsansatz, der zugleich unternehmensspezifisch als auch universell anwendbar ist. Allgemeinen Verbesserungsbedarf gab es etwa beim Zusammenwachsen global verteilt arbeitender Führungsteams. „Bei Videokonferenzen kam es mir oft so vor, als ob ich aufgrund der Raumorganisation kaum wahrgenommen wurde, wenn ich etwas zum Gespräch beizutragen hatte“, sagt einer der verteilt arbeitenden Manager. „Wenn ich etwas sagen wollte, musste ich z.B. erst meine Hand heben – was mir nicht gerade das Gefühl gab, ein gleichberechtigter Teilnehmer zu sein.“ Keane wollte mit dem Geschäftsleitungsbereich insbesondere den kulturellen Veränderungsprozess unterstützen, der im Unternehmen bereits in vollem Gang war. „Meinem Team sollte eine Arbeitsumgebung zur Verfügung stehen, die unsere Entwicklung von Top-Entscheidungsträgern hin zu dem, was ich als ‚Kuratoren des Arbeitsumfeldes‘ bezeichne, fördert und beschleunigt. Anstatt alle Entscheidungen zu treffen, gehört es als Kurator nun zu unserem Job, am Puls zu sein, den Kontext zu berücksichtigen, neue Möglichkeiten zu sehen und unsere Mitarbeiter in dem zu unterstützen, was sie mit ihren Fähigkeiten am besten können.“

Eine der wichtigsten Entscheidungen war der erneute Umzug: von einem der Obergeschosse, wo wenig Mitarbeiterverkehr eher isolierend wirkte, noch weiter nach unten ins Erdgeschoss – an einen der zentralen Dreh- und Angelpunkte des Campusses. Dadurch, dass dort auch andere Mitarbeiter arbeiten, aber auch, weil der Bereich von Erschließungswegen durchquert wird, können Führungskräfte einen „breiteren“ Kontext erleben, Entwicklungen schneller erfassen und mehr spontane Gespräche mit Mitarbeitern und Besuchern führen.


“Unsere Forschungen zeigten, dass einzelne Lösungen allein nicht in der Lage sind, die vielfältigen Bedürfnisse der Führungskräfte zu erfüllen. Stattdessen wurde klar, dass wir uns auf ein bestimmtes Spektrum an Arbeitsplatzkonfigurationen jenseits der aktuellen Standards konzentrieren mussten.“

Patricia KammerSenior Design Researcher, WorkSpace Futures

Der Steelcase Verhaltensprototyp Case Study

Erst vor Kurzem bezog das Steelcase Führungsteam seinen neuen Geschäftsleitungsbereich, und wie andere Steelcase Arbeitsplätze wird auch die Leadership Community als Verhaltensprototyp behandelt – eine vollständig eingerichtete Arbeitsumgebung, in der Konzepte über längere Zeit im Gebrauch getestet und ausgewertet werden können. Integrierte Techniklösungen und beobachtende Forschungen gewinnen Daten und Erkenntnisse darüber, wie der Bereich genutzt wird und wie er die Gesamtperformance unterstützt, und vergrößern dadurch unser praktisches Wissen über den Arbeitsplatz.

„Unsere Forschungen zeigten, dass einzelne Lösungen allein nicht in der Lage sind, die vielfältigen Bedürfnisse der Führungskräfte zu erfüllen“, erklärt Kammer. „Stattdessen wurde klar, dass wir uns auf ein bestimmtes Spektrum an Arbeitsplatzkonfigurationen jenseits der aktuellen Standards konzentrieren mussten.“

Der Grundriss ist eingeteilt in drei Hauptkategorien von Tätigkeiten:

  • Entdecken und Lernen
  • Zusammenarbeit
  • Konzentration und Vernetzung

Hierbei handelt es sich seit Jahrzehnten um essenzielle Führungstätigkeiten – bei diesem Iterationsschritt der Leadership Community liegt der Schwerpunkt allerdings auf dem Entdecken und Lernen.

Wie schon bei den früheren Iterationsschritten basiert die Raumgestaltung auch in diesem Fall auf der Vorgabe, dass die Führungskräfte als Team funktionieren müssen, und dass sie eher zusammen in einem Bereich untergebracht sein sollten, wenn sie im Büro sind, als bei ihren Mitarbeitern, wo die Gefahr der Isolation besteht. In dieser aktuellen Umbauphase befindet sich der Geschäftsleitungsbereich ganz bewusst im Erdgeschoss, an einer Stelle mit regem Mitarbeiterverkehr. Mitarbeiter werden dazu ermuntert, in den Besprechungsbereichen und an den Arbeitsplätzen zu arbeiten und sich dort auch für informelle gemeinschaftliche Aktivitäten zu treffen.

Der neue Bereich öffnet sich dem ganzen Unternehmen wesentlich mehr als in allen früheren Umbauphasen, was als klares Signal in Richtung der Mitarbeiter zu verstehen ist. Mit dieser Strategie werden Verhaltensweisen gestärkt, die auch in komplexen adaptiven Systemen vorkommen, in denen der frei fließende, natürliche Austausch von Informationen und Ideen üblich ist.


Leadership Community

Bei diesem Iterationsschritt der Leadership Community sind alle leitenden Führungskräfte in einer konsequent offenen Arbeitsumgebung untergebracht. Diese befindet sich im Erdgeschoss und ist daher für alle Mitarbeiter leicht zugänglich.

Bei diesem Iterationsschritt der Leadership Community sind alle leitenden Führungskräfte in einer konsequent offenen Arbeitsumgebung untergebracht. Diese befindet sich im Erdgeschoss und ist daher für alle Mitarbeiter leicht zugänglich.
Anstatt eines Einzelbüros stehen allen Führungskräften, einschließlich früherer CEO Jim Keane, heute ein Arbeitsplatz im Open Space sowie gemeinsam genutzte, abgeschlossene Räume zur Verfügung. Steelcase Führungskräfte sind sehr mobil, weshalb ihre Arbeitsplätze früher bis zu 80 Prozent der Zeit ungenutzt blieben. Der neue Bereich benötigt lediglich ein Drittel der früher besetzten Flächen. „Hier sollen Führungskräfte nicht nur besser arbeiten können, auch die Flächenausnutzung ist wesentlich verbessert“, sagt Barnhart-Hoffman.
Wie alle anderen Mitarbeiter brauchen auch Führungskräfte Raum für Privatsphäre und den sozialen Austausch. Und so verfügen sie über eine Reihe von gemeinsam genutzten, abgeschlossenen Räumen, deren Ausstattung vielfältige Nutzungsmöglichkeiten eröffnet: Es gibt Orte für persönliche und vertrauliche Gespräche, Räume zum Arbeiten mit sensiblen Unterlagen sowie kleinere Rückzugsräume, in die sie sich allein zurückziehen können, um ein wenig Abstand vom hektischen Büroalltag zu gewinnen.
Zu den innovativen Besonderheiten dieser neuen Leadership Community zählt auch die Neugruppierung der Assistenten/-innen. Sie befinden sich nun nicht mehr direkt vor den Führungskräften, die sie unterstützen – dort konnten sie schnell als Torwächter wahrgenommen werden, die den Zugang kontrollieren. Heute sitzen sie in räumlicher Nähe zueinander, sodass sie leicht Informationen austauschen und – ebenso wie ihre Chefs – auch als Team besser zusammenarbeiten können.
Weil sich die Führungskräfte jetzt im Erdgeschoss im Herzen des Campusses befinden, sind sie für alle leichter erreichbar. Arbeitsumgebungen für spontane Gespräche und geplante Besprechungen machen es einfach, vernetzt und auf dem Laufenden zu bleiben.
Steelcase ist ein globales Unternehmen, dessen Führungsteam auf mehrere Kontinente verteilt und daher oft zwischen den Standorten unterwegs ist. Mithilfe von flächendeckend integrierten Techniklösungen ist das Team jedoch in der Lage, sich im Büro physisch und virtuell zu vernetzen.

„Arbeitsumgebungen können die Resilienz, die Agilität und das Mitarbeiterengagement verbessern; und sie können das Lernen unterstützen und die Leistung und das Wohlbefinden steigern. Sie können aber auch Menschen isolieren, Bereiche abschotten oder den Stress verschärfen“, sagt Barnhart- Hoffman. „Unser Geschäftsleitungsbereich soll eine klare Botschaft aussenden: Wir sind eher ein komplexes adaptives System als hierarchisch gegliedert. In diesem Unternehmen arbeiten die Führungskräfte zusammen und jeder wird dazu ermutigt, agil und flexibel zu sein, zu lernen, sich anzupassen und sich zu verändern.“


an zwei Orten „sein“ gleichzeitig

Gale Moutrey, Vice President of Global Communications, experimentiert mit einem Telepräsenz-Roboter. Obwohl sich ihr Büro in Toronto befindet, kann sie sich mithilfe dieses Geräts durch die Leadership Community bewegen und mit den Kollegen spontane Gespräche führen.

Angesichts eines auf vier Länder in drei Kontinenten verteilten Führungsteams war der wirksame Einsatz neuer Technologien eine entscheidende Voraussetzung für den neuen Bereich der Steelcase Leadership Community. Fokussiert auf das Lernen entschied sich das Team beispielsweise dafür, den mobilen Telepräsenz-Roboter iRobot Ava 500 von Cisco einzusetzen, um damit herauszufinden, wie es gelingen kann, dass sich auswärts arbeitende Teammitglieder möglichst so fühlen als würden sie sich in der physischen Arbeitsumgebung der anderen aufhalten.

Gale Moutrey, Vice President Global Communications ist eine der ersten, die dieses Gerät ausprobieren darf. Dank der ausgereiften Mapping-Technologie und einer leicht zu bedienenden Fernsteuerung, kann sie den Roboter von überall auf der Welt problemlos durch den Steelcase Sitz in Grand Rapids, Michigan, navigieren. Gerade so, als sei sie tatsächlich anwesend, kann sie dort an Meetings teilnehmen oder Flurgespräche führen, während sie sich in Wirklichkeit in ihrem Büro in Toronto befindet. Die mobile Videokonferenztechnik macht es möglich, dass sie auf eine relativ natürliche Art und Weise bei ihren Führungskollegen und den Teams, die sie leitet, präsent ist.

Insgesamt beschreibt sie ihre Erfahrungen mit dem Roboter als „befreiend“.

„Durch meinen globalen Job ist mir die Wichtigkeit des direkten persönlichen Kontakts bewusst geworden – nicht zuletzt, weil wir so abhängig von Videokonferenzen geworden sind. Letztlich kommt es aber auf die Qualität des Austauschs an.“

Selbst zusammen mit der besten Technik und hervorragend gestalteten Arbeitsumgebungen können Videokonferenzsysteme die natürlichen, reibungslosen Interaktionen einschränken, die so wichtig für die effektive Zusammenarbeit sind.

Im Gegensatz hierzu berichtet Gale Moutrey, dass sie durch den iRobot „viele glückliche Zufallsbegegnungen hatte und persönlich im Raum präsent war, ohne tatsächlich physisch dort zu sein. Ich habe gern etwas ungeplante Zeit im Terminkalender, in der ich meinen Roboter dann in die Cafeteria steuere, um dort irgendjemanden zu treffen.“

Ist es nicht ein bisschen merkwürdig, der erste Robo- Sapiens bei Steelcase zu sein? „Nur am Anfang, dann tritt die Technik wegen der hohen Erlebnisqualität der Interaktionen in den Hintergrund.“

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