Mensch + Umwelt

Pride leben

Der Weg zu einer inklusiveren Gemeinschaft am Arbeitsplatz.

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Eine inklusive und integrative Kultur und ein Zugehörigkeitsgefühl sind die Basis für ein gutes Mitarbeitererlebnis. Kinga Pakucs, Steelcase Learning and Development Consultant, hat den Anspruch, dazu beizutragen, eine Kultur zu schaffen, die den Gemeinschaften, in die wir im Alltag und im Arbeitsleben eingebettet sind, entspricht. Kinga ist Mitglied der Steelcase Pride Business Inclusion Group, die dazu beiträgt, eine diverse, gleichberechtigte und inklusive Atmosphäre bei Steelcase zu fördern, in der Mensch, Unternehmen und Gemeinschaft sich erfolgreich entfalten können, indem Räume geschaffen werden, in denen sich jede*r sicher und zugehörig fühlt und die Möglichkeit erhält, sich aktiv einzubringen.

Vor kurzem hat Kinga die Unterstützung der Pride Month-Aktivitäten in Cluj, Rumänien, koordiniert, inklusive den lokalen Pride Marsches. Die Inspiration hierzu erhielt Kinga von Andre Radulescu, dem Gründer von Identity.Education und Organisator des ersten Pride Events im Westen Rumäniens. Andre nahm zusammen mit anderen Steelcase-Mitarbeitenden an dem Marsch sowie an einer weltweiten, von Steelcase initiierten Diskussion teil, in der es darum ging, offene Dialoge zu fördern und Verständnis und Bewusstsein zu schaffen auf dem Weg zu mehr Inklusion. Andre hat seine persönliche Erfahrungen in Bezug auf Gender-Identität geteilt und darüber hinaus erklärt, mit welchen systemischen Herausforderungen sich Menschen auseinandersetzen können, die nicht ins traditionelle Gender-Spektrum passen. Kinga leitete das Gespräch.

Kinga Pakucs: : Erzähl uns, wann du das erste Mal das Gefühl hattest, die Welt ändern zu müssen.?

Andre Radulescu: Ich wollte nicht gleich die ganze Welt verändern. 2013 begann ich darüber nachzudenken, LGBTQI+ Events zu organisieren, um einen Ort der Begegnung für die lokale Community zu schaffen. Als Teil dieser Gemeinschaft fing ich an zu verstehen, dass ich mich mit meiner sexuellen Orientierung und meinem Coming Out wohlfühlte. Ich begann auch zu verstehen, dass ich in einer privilegierten Position war, da ich über diese Themen in der Arbeit und mit Freund*innen und Familie offen sprechen konnte. Ich hatte es in dieser Hinsicht deutlich besser als viele andere Mitglieder der LGBTQI+ Community in Rumänien. Ich hörte so viele Geschichten über Menschen, die es schwer haben. Deshalb entschloss ich mich, meine beruflichen und persönlichen Erfahrungen dazu zu nutzen, mehr für und mit der Community zu machen. Es gibt großartige Geschichten, die wirklich Gehör finden sollten. Es dauerte vier Jahre, bis ich herausfand, wie diese Unterstützung am besten aussehen könnte und bis ich den Mut aufbrachte, meine Plattform Identity.Education zu gründen.

KP: Kannst du uns bitte einige Grundbegriffe erklären, die mit geschlechtlicher Identität und geschlechtlichem Ausdruck zu tun haben, damit wir die gleiche Ausgangsbasis haben

AR: Ja, gerne, ich werde mein Bestes tun, um Definitionen für einige gängige Begriffe zu geben. Geschlechtsidentität ist das Bewusstsein über das eigene Geschlecht. Dies hat nichts damit zu tun, welches Geschlecht einem bei Geburt zugeordnet wurde, was zumeist weiblich, männlich oder intersexuell ist. Es geht um die Perspektive, darum, wie ich mich fühle und präsentiere. Geschlechtsausdruck ist die Art und Weise, wie sich diese Identität physisch manifestiert – in Form meiner Sprache, Kleidung, den Pronomen, die ich verwende und wie ich mich anderen Menschen zeige. Nicht-binäre Menschen rechnen sich weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zu. Sie sehen in sich vielleicht einige männliche und weibliche Eigenschaften oder gar keine oder andere Kombinationen. Ich bin eine nicht-binäre Person, genauer gesagt ein Agender. Agender heißt, dass man sich keinem Geschlecht in irgendeiner Kombination zugehörig fühlt. Es gibt keine Begriffe, um meine Identität zu beschreiben. Ich verstehe, dass Geschlechter für einige Menschen existieren. Aber das trifft einfach nicht unbedingt auf mich zu. Heteronormativität ist die Annahme, dass jede*r um uns herum heterosexuell ist und darüber hinaus Cisgender (also eine Person, deren Geschlecht dem, das ihr bei der Geburt zugeordnet wurde, entspricht).

KP: Du lebst in Rumänien, beherrscht mehrere Sprachen und bist auf der ganzen Welt unterwegs. Wie gehst du mit kulturellen Unterschieden um?

AR: Bevor ich eine Reise unternehme, recherchiere ich ein wenig, um zu verstehen, wie das Verständnis der Begriffe vor Ort ist. Ich höre den Menschen der jeweiligen Region und Kultur zu und versuche herauszufinden, wie sie bestimmte Begrifflichkeiten verwenden.

KP: Es ist kulturell im Menschen verankert, Pronomen zu verwenden aufgrund der physischen Erscheinung einer Person. Was ist deine Empfehlung – wie spricht man das Thema Pronomen am besten an?

AR: Ich höre mir gut zu, wie die Menschen sich selbst nennen. Man sollte keine Annahmen anstellen über die geschlechtliche Identität eines Menschen. Am besten ist es, allgemeine Formulierungen zu nutzen oder ein Gespräch zu beginnen, indem man sich selbst vorstellt. Ich fange immer damit an zu sagen: „Das sind meine Pronomen“. Im Englischen verwende ich „they/them.“ Aber im Rumänischen ist das nicht möglich, da diese Sprache sehr geschlechtsspezifisch ist. Es hängt also von der Sprache ab. In Emails fügen viele Menschen ihre Pronomen der Email-Signatur bei. Das wirkt wie eine Kleinigkeit, macht aber einen großen Unterschied. Jeder sollte dazu ermutigt werden, unabhängig von seiner Geschlechtsidentität Pronomen zu verwenden. Das zeigt, dass alle zusammenarbeiten. Es geht um eine Veränderung der Geisteshaltung und trägt dazu bei, dass sich alle daran gewöhnen.

Unternehmen ändern sich auch. Eine globale Fluglinie hat letztens verkündet, auf ihren Flügen in Zukunft genderneutrale Sprache zu verwenden. Sie möchten „Meine Damen und Herren“ durch „Liebe Passagiere und Gäste“ ersetzen. Der Schritt hin zu genderneutralen Ausdrücken kann einfach dadurch erfolgen, dass man Alternativen zur gewohnten Sprache findet.

KP: Wie ist deine Haltung in Bezug auf Social Media, wenn es darum geht, solche Stories zu erzählen?

AR: Als ich meine Identitäten entdeckte, gab es keine Worte, um mich zu beschreiben. Es gab keine Darstellung davon in den Massenmedien. Und die, die es gab, war nicht wohlwollend. Genderidentität existierte nicht. Das Internet und Social Media ermöglichen mir, mehr Zeit mit der Community zu verbringen. Ich stellte fest, dass non-binär und Agender existieren. Das war etwas, von dem ich sofort verstand, dass es beschreibt, wie ich mich fühle. Es gibt viele Menschen, die ihre Stories in allen verschiedenen Sprachen erzählen. Es ist wichtig, die Menschen hinter den Geschichten zu kennen und von Menschen zu lesen, die solche Erfahrungen gemacht haben. Gemeinsam können wir Sprache und Gesellschaft ändern. Wir können Aufklärungsarbeit leisten, und den Menschen, die die genannten Prozesse durchleben, Raum geben.

KP: Kannst du uns ein paar Vorschläge zur Förderung eines integrativeren Arbeitsplatzes machen?

AR: In einigen Sprachen, wie dem Rumänischen, können geschlechtsspezifische Nachrichten automatisch per E-Mail verschickt werden. In geschlechtsspezifischen Sprachen kann man z.B. einen Schrägstrich hinzufügen, um darauf hinzuweisen, dass es mehr als ein Geschlecht gibt. Wird in Verträgen auch auf nicht-binäre Menschen Rücksicht genommen, die mehr als ein Pronomen verwenden? Oder – wie schwierig ist es, Namen oder Geschlecht auf dem Ausweis oder der E-Mail-Adresse am Arbeitsplatz zu ändern? Schult das Unternehmen seine Mitarbeitenden darin, Gäste mit nicht geschlechtsspezifischen Begriffen zu begrüßen anstatt mit „Meine Herren“ oder „Meine Damen“? Man sollte diese Konzepte einüben, um sie zu verinnerlichen und in seinen alltäglichen Gesprächen zu nutzen. Ich ermutige alle, sich damit auseinanderzusetzen.

KP: Welchen Stellenwert hat deine Geschlechtsidentität in deinem Leben?

AR: Es fängt schon damit an, dass wir in einer heteronormativen Gesellschaft leben. Das bedeutet, es geht um systemische Dinge. Wenn mich die Menschen sehen, fällt ihnen auf, dass es Unterschiede gibt und es braucht seine Zeit, bis man das in seine Sprache integriert hat. Deswegen ist es wichtig für unsere Community, dass unsere Stories Gehör finden. Jeder hat eine andere Geschichte. Die Erfahrungen, die ich bei meinem Coming Out als Transgender gemacht habe, unterscheiden sich deutlich von denen meiner Kolleg*innen. Niemand hat ein Recht auf die Geschichte eines anderen. Für mich ist es jedes Mal ein Prozess, über mein Coming Out zu sprechen. Es wird nie einfach. Aber das ist nicht alles, was mich ausmacht. Ich manage Projekte. Ich liebe die Arbeit in der Produktion und Logistik. Ich mache Kraftdreikampf. Ich liebe Mangos und koche sehr gerne. Wir müssen Verbindungen zwischen Menschen herstellen. Jeder von uns hat mehr als nur eine Story zu erzählen.

Ich ermutige jeden dazu, sich zu informieren, Informationen zu prüfen und die Verantwortung nicht auf andere abzuwälzen. Es ist unsere gemeinsame Verantwortung. Wir machen das miteinander. Wenn man eine Frage stellt, sollte dies mit einem Gefühl der Freundlichkeit geschehen. Und dann sieht man, wie es sich entwickelt.

Auf der Website Identity.Education können Sie mehr über Andre Radulescus Organisation erfahren. Steelcase bietet das ganze Jahr über Lernmöglichkeiten für alle Mitarbeitenden, um eine Kultur der Integration zu fördern. Steelcase wurde vor kurzem von der Human Rights Campaign Foundation zum achten Mal mit einer perfekten Punktzahl von 100 Punkten im Corporate Equality Index ausgezeichnet und gehört somit zu einem der „Best Places to Work for LGBTQ Equality” in den USA und Mexiko. Pride ist eine der auf Inklusion abzielenden Gruppen bei Steelcase, deren ganzjährige Arbeit vom Unternehmen unterstützt wird.


Andre Radulescu (they/them) ist Gründer von Identity.Education, einer LGBTQI+-NGO und Organisator der ersten PRIDE im westlichen Rumänien. Andres Arbeit zielt vor allem auf Aktivismus durch Kunst und Kultur ab und auf die Nutzung von Storytelling als Katalysator für Veränderung.
Andre ist ein Queer-Aktivist und leitender Projektmanager mit umfangreicher Erfahrung in der Koordination von Teams für große kulturelle Produktionen und transnationale Teams und betreut in dieser Position eine Vielzahl an Interessensgruppen von Kundenaccounts bis hin zu Behörden und Ehrenamtlichen. In seiner Freizeit macht Andre Kraftdreikampf und liebt Mangos.

 

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