Kultur + Talent

Nähe und Verbundenheit bewahren die Teamkultur

Drei Tipps für eine widerstandsfähige Arbeitskultur.

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lady sitting in lounge chaise

Dieser Artikel ist Teil unserer Steelcase 360° Reihe Distanzen überwinden über Remote Work.

Von Christopher M. Good, Creative Director bei One Workplace

Die Arbeitswelt, zu der wir nach der Coronakrise zurückkehren werden, wird sich deutlich von der unterscheiden, die wir bisher kennen. Unternehmen, die bis jetzt steif und fest behauptet haben, dass ihre Teams niemals getrennt arbeiten können, werden plötzlich erkennen, dass verstreute Teams und Arbeit von zu Hause effektive und produktive Arbeitsmodi sein können. Gleichzeitig werden Firmen, die lange auf Fernarbeit gesetzt haben, nun herausfinden, dass gravierende Begleiterscheinungen auftreten, wenn die gesamte Belegschaft plötzlich von zu Hause arbeitet.

Einsamkeit und ein Gefühl der fehlenden Verbundenheit wirken sich schon länger negativ auf die Arbeitswelt aus. Es ist allerdings davon auszugehen, dass sich dieses Problem zur Zeit noch verstärken wird und eine Gefahr für die Kultur vieler Unternehmen darstellt.

Aber jedes schwerwiegende Problem bietet auch große Chancen. Wenn man versteht, wie Einsamkeit entsteht und weshalb Menschen das Gefühl haben, die Verbindung zu anderen zu verlieren, kann man entsprechende einfache Schritte durchführen, die es Unternehmen ermöglichen, eine widerstandsfähigere Kultur zu schaffen. Hier liegt auch Potential, stimmigere Arbeitsumgebungen zu erschaffen für die Zeit, wenn die Teams an den Arbeitsplatz zurückkehren.

Die Macht der Nähe

Einer der wichtigsten Faktoren für unser Zugehörigkeitsgefühl ist das Gefühl der Nähe. Wir haben das natürliche, menschliche Bedürfnis, mit den Menschen, die uns nah sind, enge, zwischenmenschliche Beziehungen einzugehen. Dieses Gefühl der Nähe und Annäherung existiert in jedem Team, jeder engen Beziehung und jedem sozialen Kontakt, die wir eingehen. Es ist auch der Grund dafür, warum unsere Arbeitsumgebung überaus wichtig ist.

Vor mehr als zwanzig Jahren habe ich beim Design der Arbeitsumgebung für eine der größten amerikanischen Banken mitgewirkt, die damals zu einem flexiblen Arbeitsmodell mit dem Namen „Future of Work“ (Zukunft der Arbeit) überging. Es war ein früher Versuch, agil zu arbeiten und Fernarbeit anzubieten – lange bevor diese Konzepte vom Mainstream übernommen wurden. In vieler Hinsicht war die neue Arbeitsweise überaus erfolgreich.

Dieses Gefühl der Nähe und Annäherung existiert in jedem Team, jeder engen Beziehung und jedem sozialen Kontakt, die wir eingehen. Es ist auch der Grund dafür, warum unsere Arbeitsumgebung überaus wichtig ist.

41 Prozent der Angestellten berichteten von einem Anstieg der Arbeitsplatzzufriedenheit, die Zeit, die durch Ablenkungen verloren ging, sank um 10 Prozent, während gleichzeitig die Zufriedenheit beim konzentrierten Arbeiten um 12 Prozent in die Höhe schoss. Die Statistiken zeigen, wie wichtig es ist, Menschen Wahlmöglichkeiten bei der Arbeit zu bieten. Hinter den genannten Zahlen verbarg sich aber auch eine interessante Begleiterscheinung. Das Unternehmen war bekannt für seine starke Arbeitsplatzkultur. Teammitglieder entwickelten schnell bedeutsame und tiefe Beziehungen mit den Kollegen, neben denen sie jeden Tag saßen. Sie wurden zu den Geburtstagsfeiern der Kinder von Teammitgliedern eingeladen und trafen sich am Wochenende mit ihren Kollegen zum gemeinsamen Kochen. Soweit ist noch nichts Ungewöhnliches zu erkennen, da dies in vielen Organisationen der Fall ist. Als die Teams aber zum „Future of Work“-Modell übergingen, änderte sich etwas. Ein „Future of Work“-Projektmanager berichtete, dass die Angestellten sich nicht mehr jeden Tag neben dieselben Kollegen setzten. Diese wertvollen Beziehungen zerbrachen und die Kultur dieser Teams litt letztlich unter dem Mangel an täglichem Zusammensein. Die Angestellten waren nicht mehr bei den Kindergeburtstagen dabei und kochten nicht mehr zusammen.

Was in diesem Unternehmen passierte, hat mit dem starken Einfluss von Nähe zu tun. Leider spürten die Betroffenen hier die negativen Auswirkungen eines Mangels an Nähe – den Verlust des Verbundenheitsgefühls.

Drei Regeln in Bezug auf Nähe

Das Gefühl der Nähe und Verbundenheit ist eine emotionale Reaktion. Wir können sie zum Teil steuern, zum Teil wird sie hormonell bestimmt. Unser Gehirn schüttet Neurotransmitter wie das Bindungshormon Oxytocin aus, was dazu führt, dass wir mehr Vertrauen zeigen können, uns emotional zugehörig fühlen und sich ein Verbundenheitsgefühl entwickelt. Diese automatischen Reaktionen kann man dem Zufall überlassen, oder versuchen, aktiv darauf Einfluss zu nehmen, zum Beispiel über die Gestaltung der Arbeitsumgebung – sowohl der physischen als auch der virtuellen.

Um die Macht der Nähe und Verbundenheit für Ihr Team zu nutzen – unabhängig davon, ob im Büro oder Home Office – haben wir drei wichtige Empfehlungen für Sie:

Prinzip der räumlichen Nähe

„Je kleiner die Entfernung zu einer Person, umso größer die Wahrscheinlichkeit, dass man eine enge Beziehung zueinander entwickelt“. Diese Erfahrung hatten die Teams des „Future of Work“-Projekts gemacht. Und auch für uns gilt, dass die räumliche Nähe zu tieferen menschlichen Verbindungen führt. Denselben physischen (oder auch virtuellen) Raum zu teilen, steigert die Chance, dass sich eine Beziehung entwickelt und unterschiedliche kulturelle Einflüsse anfangen, ineinanderzugreifen.

Prinzip der Frequenz

„Je mehr man mit einer Person zu tun hat, umso stärker wird die Beziehung“. Wenn Beziehungen zu anderen Personen entstehen, beeinflusst die Frequenz der Interaktionen maßgeblich die Verbundenheit, die wir dem anderen gegenüber empfinden. Je öfter man einander sieht, berührt und allgemein miteinander zu tun hat, umso widerstandsfähiger und robuster ist die Beziehung.

Prinzip der Affinität

„Je mehr man mit einer Person gemeinsam hat, umso schneller festigt sich die Beziehung“. Dieses Prinzip ist vielleicht das problematischste, denn es kann dazu führen, dass wir anderen gegenüber unbewusst voreingenommen sind. Es liegt in unserer Natur, dass wir am liebsten mit Menschen zusammen sind, die uns ähnlich sind und mit Dingen zu tun haben, für die wir uns besonders interessieren. Wir fühlen uns besonders schnell mit Personen und Konzepten verbunden, die uns besonders vertraut sind und die wir auf Anhieb verstehen. Wenn wir Teams und Arbeitsplätze gestalten, müssen wir deshalb darauf bedacht sein, möglichst vielfältige Optionen im Unternehmen zu bieten und die Bedürfnisse und Vorlieben derer zu berücksichtigen, die uns selbst am wenigsten ähneln.

Nähe und Verbundenheit am Arbeitsplatz

Um unsere Teams auf sich ändernde Arbeitsbedingungen vorzubereiten – sowohl jetzt, wo mehr Fernarbeit gefordert ist, als auch bei Rückkehr zu unserer Arbeitsumgebung im Unternehmen – empfehlen wir folgende Schritte, die zu mehr Nähe und Verbundenheit im Team führen.

Den Tag mit dem Team starten

Schauen Sie sich etwas von agilen Arbeitsprozessen ab und starten Sie jeden Tag mit einem kurzen Teammeeting. Wenn Sie von zu Hause arbeiten, machen Sie es per Video Call. Die Teilnahme an diesen Terminen sollte verpflichtend sein, auch wenn sie faktisch für viele Aufgaben des Teams nicht notwendig ist. Die Besprechung sollte aus keinem anderen Grund stattfinden, als die Verbundenheit der Teammitglieder zu festigen. Nutzen Sie die Zeit für informelle Gespräche – tauschen Sie sich aus, sprechen Sie über neue Musik, tun Sie nur, was Spaß macht und keinen Stress bereitet.

Freundliche Gesichter sehen

Wenn Ihr Team Videokonferenzen zur Zusammenarbeit nutzt, bestehen Sie darauf, dass jeder sein Video überträgt. Einander anzuschauen, die Körpersprache lesen zu können und einfach freundliche, vertraute Gesichter zu sehen, erinnert uns daran, dass unser Team aus echten Menschen besteht. Menschen, die so sind wie wir selbst, Menschen, an denen uns etwas liegt und denen an unserem gemeinsamen Erfolg gelegen ist.

INTERESSENSGRUPPEN schaffen

Vielleicht sollten Sie versuchen einen Weg zu finden, wie Teammitglieder mit ähnlichen Freizeitinteressen ihren gemeinsamen Vorlieben zusammen nachgehen können. Gründen Sie Gruppen, die thematische Spotify-Playlists streamen können, während sie von zu Hause aus arbeiten – und dazugehörige Slack-Kanäle, um Musikwünsche abzugeben. Gründen Sie Buchclubs (oder Netflix-Clubs, wenn das besser zu Ihrem Team passt). Die Kollegen können sich mit Trainings-Apps wie Peloton oder Nike Training Club zum gemeinsamen Fitnesstraining verabreden. Unterstützen Sie Ihr Team dabei, die gemeinsamen Interessen zusammen zu verfolgen und sich so noch besser kennenzulernen.

Die Arbeitsumgebung überdenken

Wenn Ihr Team wieder ins Unternehmen zurückkehrt, überlegen Sie sich, wie man die Existenz der gemeinsamen Arbeitsumgebung gebührend feiern kann. Der gemeinsame Arbeitsbereich ist nicht nur ein Ort, an dem ein paar Tische stehen. Der Arbeitsplatz soll jetzt ein Ort sein, an dem man miteinander in Verbindung tritt, die Kultur stärkt und der Nähe und Verbundenheit fördert und all die Formen der Zusammenarbeit ermöglicht, die alleine am eigenen Tisch nicht möglich sind. Hier geht es um Treffpunkte, Fokusräume, Bereiche zum gemeinsamen Gestalten, zur Zusammenarbeit, Orte, an denen man Ideen teilen kann und die dazu beitragen, die Verbundenheit des Teams noch weiter zu stärken.

Die Kultur bezwingt alle Beeinträchtigungen

Die weltweiten Konsequenzen der Ausbreitung des COVID-19-Virus werden noch lange spürbar sein, da sie das Leben aller beeinflussen – das unserer Freunde, Familien, Kollegen, Partner und Kunden gleichermaßen. Wenn wir uns darauf besinnen, dass wir als Gemeinschaft von Menschen widerstandsfähig und voneinander abhängig sind, gibt uns das Vertrauen, dass wir weiterhin von unseren persönlichen Beziehungen profitieren und auf diese zurückgreifen können – ganz egal, vor welcher Herausforderung wir stehen. Für diejenigen unter uns, die in diesen Zeiten Teams leiten oder Unternehmen beim Übergang zu mehr Fernarbeit unterstützen, ist es wichtig, sich immer wieder daran zu erinnern, dass es die häufigen Begegnungen sind, die Vertrauen fördern, dazu beitragen, dass alle sich auf die wichtigsten Ziele fokussieren und unsere Unternehmenskultur stärken. Wenn wir eine achtsame Herangehensweise an das Thema Nähe und Verbundenheit wählen, können wir sicherstellen, dass die Kultur unseres Unternehmens nicht leidet – ganz egal, wo und wie wir alle arbeiten.


Christopher Good ist Creative Director bei One Workplace. In seinen Veröffentlichungen geht es darum, die Herangehensweise an unsere Umgebung zu ändern. Er ist ein starker Befürworter von Design Thinking-Prozessen und ist überzeugt davon, dass es möglich ist, seinen Mitmenschen über Design Gutes zu tun.


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